-tug, -bart, -ment oder -mig sind das neue -mab

Ja, Sie haben richtig gelesen und Nein, wir haben uns nicht verschrieben. Monoklonale Antikörper, die grösste Klasse der im klinischen Einsatz befindlichen Biologika, bekommen neue Namen – genauer gesagt neue Suffixe. Es heisst also Abschied nehmen von dem lieb gewonnenen Suffix -mab.

Eine Klasse für sich

Monoklonale Antikörper gehören zu einer der bedeutendsten Wirkstoffklasse in der Medizin. Der Beweis: Im Jahr 2018 waren 7 der 10 weltweit umsatzstärksten Arzneimittel monoklonale Antikörper.Die Erfolgsgeschichte begann mit der Zulassung von Rituximab zur Behandlung von CD20-positiven Lymphomen im Jahre 1997 (CH/USA).2 Die Wirkweise hat sich damals gänzlich von den verfügbaren Therapien unterschieden und hat die Prognose beim follikulären Lymphom deutlich verbessert.3 Mit der Zulassung chimärer, dann humanisierter und schliesslich vollständig humaner monoklonaler Antikörper ist die Zahl der auf dem Markt verfügbaren monoklonalen Antikörper für die Behandlung verschiedener Krankheiten drastisch gestiegen.

So ist beispielsweise in Deutschland die Anzahl der zugelassenen monoklonalen Antikörper von 20 im Jahr 2010 auf 101 im Jahr 2020 angestiegen.4

Die -mabs-Tage sind gezählt

Seit 1953 sorgt die INN(international nonproprietary name)-Expertengruppe der Weltgesundheitsorganisation (WHO) dafür, dass für pharmazeutische Wirkstoffe ein weltweit einheitliches Nomenklatursystem existiert.5 So wird eine sichere Identifizierung, Überwachung und Kommunikation gewährleistet.

Monoklonale Antikörper sind eine vielfältige Wirkstoffklasse – von kleinen Fragmenten bis hin zu intakten, modifizierten oder unmodifizierten Immunglobulinen.6 Diese Fülle an komplexen Strukturen und die steigende Anzahl von monoklonalen Antikörpern haben die 1991 eingeführte -mab Nomenklatur an ihre Grenzen gebracht. Denn eine -mab-Bezeichnung bekommt auch derjenige monoklonale Antikörper, der es nicht bis zur Zulassung schafft. Im April 2022 waren immerhin 879 Bezeichnungen mit -mab besetzt.5

Aus diesem Grund verabschiedete die WHO im Oktober 2021 ein neues Nomenklaturschema, welches der zunehmenden Komplexität der monoklonalen Antikörper gerecht werden soll.6

Hier kommen: -tug, -bart, -ment oder -mig

Die neue Nomenklatur der monoklonalen Antikörper enthält vier unterschiedliche Suffixe, die sich auf den Aufbau bzw. die Struktur der Wirkstoffe bezieht:5

  • -tug: monospezifische, vollständige, Fc-unmodifizierte Immunglobuline
  • -bart: monospezifische, vollständige, Fc-modifizierte Immunglobuline
  • -ment: monospezifische Immunglobulin-Fragmente
  • -mig: bi- und multispezifische Immunglobuline jeglicher Form

Nicht nur die Suffixe sagen in der Nomenklatur der Wirkstoffe etwas aus. Auch Inflixe, also die mittleren Silben, können Hinweise auf die Eigenschaften eines Wirkstoffes geben. Bei den monoklonalen Antikörpern stellen sie die pharmakologischen Angriffspunkte dar, z. B. -ba- antibakteriell oder -ta- antitumoral.5 Das war bei der alten Nomenklatur so und wird in der neuen Nomenklatur weitgehend übernommen.

Apropos alte Nomenklatur: Die neue Kennzeichnung wird nur monoklonale Antikörper betreffen, die noch keinen Namen tragen. Somit bleiben alle bisherigen -mabs auch in Zukunft -mabs.

Referenzen
1 https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_umsatzst%C3%A4rksten_Arzneimittel
2 Singh S, Kumar NK, Dwiwedi P, et al. Monoclonal Antibodies: A Review. Curr Clin Pharmacol. 2018;13(2):85-99.
3 Kreutzkamp, B. Chemotherapiefreie Strategien gegen follikuläre Lymphome?. Im Focus Onkologie 21, 33 (2018).
4 Vieths, S., Hildt, E. & van Zandbergen, G. Immuntherapien – Wo stehen wir?. Bundesgesundheitsbl 63, 1319–1321 (2020).
5 Paul-Ehrlich-Institut. Bulletin zur Arzneimittelsicherheit, Ausgabe 2/2022
6 Balocco R, De Sousa Guimaraes Koch S, Thorpe R, Weisser K, Malan S. New INN nomenclature for monoclonal antibodies. Lancet. 2022;399(10319):24. doi:10.1016/S0140-6736(21)02732-X

Peter Mutzner
  • Erfahrung in PR, Marketing, Statistik und Marktforschung
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Peter Mutzner

Projektleiter Medical Marketing und Medical Communication
MSc Sustainable Development, Universität Basel und Zürich Bachelor in Biology CAS Wissenschaftsjournalismus

Jasmin Lozza

Projektleiterin Medical Marketing und Medical Communication
Dr. sc. ETH

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für Marketing, Markenführung, Kommunikation und Market
Research im Schweizer Pharma- und Gesundheitsmarkt.